Der erste deutsche Brutreaktor wurde in den Jahren 1971 bis 1974 in Karlsruhe gebaut. 1972 wurde die belgisch-deutsch-niederländische Schnell-Brüter-Kernkraftwerksgesellschaft mbH gegründet, welche die Siemens-Tochter Interatom mit dem Bau des schnellen Brüters in Kalkar beauftragte. Das Projekt wurde von der ersten öffentlichen Anhörung an von kritischen Fragen begleitet. 1976 lief der Chef der Interatom, Klaus Traube, zur Anti-Atombewegung über. 1977 gab es in Kalkar eine Demonstration die Deutsche Polizeigeschichte schrieb.1978 schwenkte die Landesregierung Nordrhein-Westfalens auf Anti-Atom-Kurs um. Mit der Havarie des AKW Harrisburg 1979 (teilweise Kernschmelze) verschwanden öffentliche Akzeptanz und politische Unterstützung für das Projekt bundesweit. Hinzu kamen Sicherheitsbedenken aufgrund des zur Kühlung eingesetzten Natriums und der mit Plutonium verbundenen Proliferationsgefahr. Die Gegner des Projekts erhoben Verfassungsbeschwerde erwirkten eine vierjährige Unterbrechung des Baus. Durch verschärfte Sicherheitsauflagen sollten die Bedenken ausgeräumt werden. Hierdurch wurde SNR-300 allerdings auch immer teurer und die Kosten lagen 1984 bei Sieben Milliarden DM.
Da der mit Natrium betriebene Kühlkreislauf des Reaktors ohne Reaktion mit elektrischen Heizelementen aufrecht erhalten werden musste, verursachte die Betriebsbereitschaftserhaltung des Schnellen Brüters Kosten in Höhe von jährlich 105 Millionen DM.
Obwohl die niederländische Regierung aus dem Projekt zurück zog dauerte es bis 1991, bis auch die deutsche Bundesregierung begriff, dass der Schnelle Brüter in einer Demokratie politisch nicht durchsetzbar ist.
Gelände und Anlagen des SNR-300 wurden 1995 an einen Investor verkauft, der die metallischen Bestandteile der Anlage ausschlachtete und dort den Freizeitpark Wunderland Kalkar betreibt.
Lessons learned
Projekte mit bis dato unerprobten und risikobehafteten Technologien konnten bisher nur in autoritär regierten Staaten wie Russland, oder mit Einschränkungen, in zentralistisch organisierten Staaten wie Frankreich realisiert werden. Während in Russland seit 2016 zwei Brutreaktoren im kommerziellen Betrieb laufen gab Frankreich, nach massiven Protesten und schwerwiegenden technischen Zwischenfällen, seinen letzten kommerziellen Brutreaktor 2010 auf.
Im föderal organisierten Deutschland war der Erfolg der Antiatombewegung leichter zu erringen. Die Dynamik der deutschen und amerikanischen Umweltbewegung entstand seit 1970 im Wechselspiel von administrativen Eliten, Initiativen aus der Wissenschaft und den Medien. Um die getätigten Investitionen zu amortisieren hätten die Investoren in Deutschland über zehn Legislaturperioden hinweg Planungssicherheit haben müssen.